Der letzte Kandelaber

Dieses Foto habe ich bereits im Sommer 2011 gemacht. Vielen Betrachtern gefällt es ganz gut und so wurde ich schon häufig nach dem Ursprung des Motivs gefragt. Aufgenommen habe ich es eigentlich, weil der daran baumelnde Turnschuh mich dazu inspirierte. Welcher historische Hintergrund sich hinter dieser alten "Straßenlaterne" verbarg, war mir damals noch gar nicht klar.

 

Dabei handelt es sich wohl um den einzigen Kandelaber (französisch candélabre, von lateinisch candelabrum „Leuchter“, zu lat. candela „Kerze“), der in Kiel noch existiert, weil er weder verschrottet wurde noch den Bomben im 2. Weltkrieg zum Opfer gefallen ist. Ursprünglich stand er am Ziegelteich/Walkerdamm. Dort wurde er 1968 abgebaut, renoviert und 1973 an der Ecke Dänische Straße/Falckstraße wieder aufgebaut und exakt nach Nord/Süd Ost/West ausgerichtet.

 

 

Der Kandelaber war Teil der Gasbeleuchtung in den Kieler Straßen.

 

Doch die Gasbeleuchtung war erst sehr spät nach Kiel gekommen. Hannover und Berlin waren 1825 und 1826 die ersten deutschen Städte, die Gasanstalten bauten. Erst 1854 ergriff der Kieler Kaufmann und Stadtverordnete Wilhelm Ahlmann die Initiative und entwarf konkrete Pläne für den Bau einer Gasanstalt. Der Bau begann 1855 auf dem Gelände des früheren Waschhofes an der Ecke Fleethörn und Gasstraße, heute Rathausstraße. An dieser Stelle befindet sich jetzt das Rathaus. Die „Commission für die Gaserleuchtung“ entwarf für die 320 Straßenlaternen einen genauen Verteilungsplan.

 

Am 11. November 1856 brannten in Kiel die neuen Gaslaternen zum ersten Mal. Bis zum Ersten Weltkrieg stieg die Zahl der Gaslaternen in Kiel auf 4275 mit 5300 Flammen an. Am Ende des Krieges 1917/18 musste aus Kohlemangel die Straßenbeleuchtung reduziert und 1919 für einige Zeit sogar eingestellt werden. 500 elektrische „Richtlaternen“ sorgten für eine Notbeleuchtung in den Straßen. Wie in alten Zeiten lag die Stadt abends und nachts in einem spärlichen Dämmerlicht.

 

Am Anfang der 1920er Jahre wurde die Straßenbeleuchtung wieder in Gang gesetzt, auch die Gaslaternen. 1927 gab es nur noch 361, aber bereits 3282 Glühlampen zur Beleuchtung der Straßen. Nach 1936 verschwand die Gasbeleuchtung ganz aus dem Stadtbild.

 

Übrig geblieben ist nur der alte vierarmige Kandelaber von der Dänischen Straße (siehe Foto).

 

(Quelle: Stadtarchiv Kiel)